Montag, 15. September 2014

Ein Gedicht von Brahim Avdyli

Brahim (Ibish) Avdyli wurde 1960 im Dorf Morina, in den Gebirgen von Gjakova, geboren. Nach der Grundschule in Morina und Ponoshec besuchte er das Gymnasium “Hajdar Dushi” in Gjakova.
Schon in seiner Jugend widmete er sich der Kunst des Dichtens und war Mitglied von politischen Untergrundorganisationen, die für die Freiheit und Wiedervereinigung des albanischen Volkes kämpften. Als Mensch, der die Ungerechtigkeiten in Jugoslawien, vorallem die Unterdrückung seines Volkes, nicht duldete, erhob er durch sein dichterisches Schaffen seine Stimme des Protestes. Deswegen ist er auch als einer der am stärksten zensurierten und vom Regime verfolgten Dichter dieser Zeit bekannt.
Nachdem er das Gymnasium “Hajdar Dushi” in Gjakova abschlossen hatte begonner das Architekturstudium an der Technischen Fakultät der Universität Prishtina, welches er unterbrechen musste, da er sich aus wirtschaftlichen und politischen Gründen in die Schweiz ins Exil begab. Später absolbierte er an der Philologischen Fakultät der Universität Prishtina das Fernstudien, der albanischen Literatur und Sprachwissenschaft. Nachdem er sich von einem schweren Unfall erholt hatte, beendete er im Oktober 2010 sein Masterstudium an der Fakultät der politischen Wissenschaften an der Internationalen Universität in Struga.
Da er in Kosova, wie auch viele andere Intellektuelle, die dem Regime Wiederstand leisteten, keine Arbeitsstelle finden konnte, migrierte er 1979 und 1980 in die Schweiz, wo er auch heute noch lebt.
Im Jahr 1983 wurde sein erster Gedichtband „Im Schatten der Alpen“ vom Rilindja-Verlag in Prishtina veröffentlicht. Dieses erste literarische Werk des Autors wurde von den Lesern und der Literaturkritik sehr gut empfangen.
1986 wurde er vom literarirschen Verein “Jeronim De Rada” der Philosophischen Fakultät der Universität Prishtina zu einer Veranstaltung eingeladen. Seine Gedichte “Zuckungen” und “Die verrückten Pferde” wurden von der Jury mit dem ersten Preis ausgezeichnet. Doch in der vom Regime kontrollierten Presse wurde Brahim Avdylis Vortrag als ein “feindlicher” Aufruf eines “Irredentisten” und eines “Nationalisten” für eine “Republik Kosova” bezeichnet. Seine literarische Arbeit wurde stark zensuriert, so wurde sein zweites Buch "Wenn Dodona aufwacht" wurde bis 1992 nicht veröffentlicht.
Neben seiner literarischen Aktivität hat sich Brahim Avdyli auch mit Publizistik befasst. Meist hat er über die ungelöste Frage des albanischen Volkes in Jugoslawien geschrieben. Von 1990 – 1995 hat er das politisch-soziale Magazin “Qëndresa" (Wiederstand) in der Schweiz geleitet.
Bislang hat Brahim Avdyli folgende literarische Werke veröffentlicht: “Im Schatten der Alpen”, Prishtina (1983); “Das rote Brot”, Zürich (1990); “Wenn Dodona aufwacht”, Prishtina (1992); “Der blutende Spiegel”, Tirana (1994); “Schreie aus der Tiefe der Hölle”, Tirana (1997); “Die Sprache meines Landes”, Tirana, (1999); “Schreie aus der Tiefe der Hölle”, zweite Ausgabe, Prishtina (2000); “Das verlorene Gleichgewicht”, Gjakova, (2003); “Die Spuren einer Zeit”, Prishtina, (2007); “Die Rinde des Todes”, Prishtina (2007); “Stelele Veşniciei”, ausgelesene und ins rumänische übersetzte Gedichte, Bukarest (2008); “Der Vogel des Gesanges”, ausgelesene Gedichte, Has – Kosova (2009), “Die albanische Migration in der Schweiz und ihre Bedeutung für die inernationalen Beziehungen", Publizistik, Brezi `81, Prishtina 2011 und "Unberühter Himmel" , Brezi `81, Prishtina 2012.
Schriften Brahim Avdylis wurden auch in den folgenden Büchern publiziert:
“Es fliesst und hinterlässt Spuren”, Gedichte der Studenten Kosovas, “Die neue Welt”, Prishtina (1983); Nebil Duraku, “Die Schriftsteller Kosovas, 1945 - 1985”, Rilindja, Prishtina (1985); “Poezia dal Kossovo”, Anthologie des kosovarischen Gedichtes, Besa Editrice, Nardò (Lecce), Italien (1999); Hasan Hasani, “Lexikon der albanischen Schriftsteller, 1501 - 2001”, Faik Konica – Verlag, Prishtina (2003); “Vulcanul răbdării” Poezie albaneză din Kosova, Poeme traduse în limba romănă de Baki Ymeri, Editura Do-Minor, Bukureşti, 2008.
Gedichte Brahim Avdylis wurden bislang in die italienische, deutsche, rumänische und englische Sprache übersetzt.
Brahim Avdyli ist gleichzeitig Mitglied des Kosovarischen Schriftstellerverbands, des Vereins der Albanischen Schöpfer in der Schweiz und vorallem der Autorinnen und Autoren der Schweiz (AdS).
Dies ist das erste Mal dass sich der Autor mit ausgewälten und ins Deutsche übersezten Gedichte dem deutschsprachigen Publikum vorstellt.
Der Autor lebt im Kanton St. Gallen, in der Schweiz, ist aber mit Schriften auch in Kosova sehr aktiv.
Biographie des Autors wird aus den Schweizer Schriftsteller AdS erhalten /
 
 
Brahim Ibish Avdyli:
 
MEIN LIED
 
Mein Lied – mein verwirrtes Leben
es bluteten dir die Finger und zehn Häute legtest du ab
der Sonne nacheilend mit einem Beutel aus Träumen
mit einem Beutel aus Schmerzen, Wünschen – sie platzen
ohne Geschrei und ohne Gejammer, doch immer nacheilend
den Möwen in ihrem Horizontenflug in der Abenddämmerung ...
Deine Pfade verlängern sich, verlängern sich und enden nie
immer weniger bin ich mein Ich – alles habe ich dir geschenkt
mein Waisenmädchen – ein Lied, eine blutdurstige Pflanze;
was soll ich mit dem Schmerz tun, der in jedem deiner Zweige blüht
was soll ich mit dem Kummer in deinen ausgetrockneten Sprossen tun
was soll ich mit den verwelkten Blüten tun – mein erschlagenes Leben
wenn bei Stürmen die Uhrtürme beben,
verbleiben wir ohne Haus und Hof, wir ewigen Herumtreiber
wir fliehen vor dem Vergessen, vor dem Betrug, vor der Gewalt, vor dem Tod ...
doch nirgends das Ende dieser Irrfahrt Odysseus, nirgends Ithaka
das Lächeln schmelze uns das Eis des Alptraums und der Sehnsucht -
die Hände wärme uns der nie verlassene Herd,
erneuere sich unsere Geduld, dir – vom Aufschrei aus der tiefen Hölle
verstummte Stimme, der Hexenwiese entlang...
komm, sammeln wir die zerstreuten Liebesrestchen und die zerfetzten Gedanken
auch mit halber Lunge können wir in Richtung Zukunft gehen
auswendig haben wir es gelernt, wieso die Bergweiden verflucht wurden
und wir lernten zum Meer hinunterzusteigen und zur Sonne hinauf,
den Pfad der Buchstaben erlernten wir, die Pfade des Wortes
lassen wir die Laternen des Geistes leuchten – hier und jenseits des Ozeans
Himmel und Erde bist du für mich – Glut und Asche bin ich für dich
Wiege meiner Träume – mein Wachstum bist du,
flüstere ich dir des abends zu und umarme dich wie ein Kind
mein verwirrtes Leben, mein Tod – die Poesie! ...

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